Alfeld. Als der Beifall in der Alfelder St. Nicolai Kirche gar nicht enden will, tritt ein sichtlich gerührter Tobias Langwisch erneut vor das Dirigentenpult, verneigt sich abermals vor dem begeisterten Publikum: „Ich bin überwältigt“, gesteht der Kreiskantor, nimmt den Ruf „Wir auch“ aus einer der vorderen Reihen schmunzelnd entgegen. Als Dankeschön geben Kirchenkreiskantorei, das Tango-Ensemble „faux pas“ und die Solistin Annette Gutjahr eine Zugabe. Es ist der Schlusspunkt unter einem wunderbaren Konzertabend mit argentinischer Tango-Musik in der gutbesuchten Stadtkirche.
Seit ihrer Uraufführung im Jahr 1996 steht die von „Tango Nuevo“ inspirierte „Misa a Buenos Aires“ von Martin Palmeri auf den Spielplänen von Konzerthäusern und Kirchen auf der ganzen Welt. Die Besonderheit der Messe liegt in ihrer Zusammenstellung aus Klassik, Rhythmik, Emotion, sowie Frömmigkeit und Lebensfreude. Hinzu kommt in Alfeld die Freude am Gesang, die an diesem Abend bei allen Sängerinnen und Sängern jederzeit spürbar ist.
Nicht nur die Freude der Sängerinnen und Sänger war zu spüren, sondern auch die musikalische Qualität des Chores, der sich an diesem Abend durch rhythmische Präzision, gelungene Intonation und einem ausgewogenen Chorklang präsentierte.
Die Musik des „Tango Nuevos“ verschmilzt in der Messe mit dem klassischen lateinischen Messetext und lässt diesen im neuen Gewand erscheinen. Mit einem gewichtigen und ausdrucksvollen Kyrie beginnt Palmeri seine Misa. Die argentinische Tangoseele wird im kurzen Übergang zum Fugenthema sofort deutlich.
Rhythmisch und freudig schließt sich das Gloria an. Auch hier zeigt sich die besondere Verbindung zwischen Musik und Text, die deutlich im „Qui tollis peccata mundi“ („Der du trägst die Sünden der Welt“) erkennbar wird.
Farbenreich und spannungsgeladen folgt das Credo. Das atmosphärische „Et incarnatus est“ wird unvermittelt mit der Dramatik im Crucifixus konfrontiert, um sich in einer sich steigernden und immer schneller werdenden Fuge zu entladen.
Ein schwebendes Sanctus steht im direkten Kontrast zum folgenden rhythmischen „Pleni sunt coeli“, das den typischen Tango-Rhythmus erkennen lässt. Melodisch, schwebend und glockenartig folgt das Benedictus.
Mit einem umfassenden „Agnus Dei“, das thematisch an das Kyrie anknüpft führt Palmeri die Messe zum Schluss. Das Fugenthema erklingt zuerst in Moll, wendet sich jedoch ab der Mitte nach einem „Ruf nach Frieden“ der Altistin Annette Gutjahr nach Dur. Mit einem langen Pacem verklingt die Messe im Frieden.
Nach einem kurzen Augenblick der Stille, brandet der Beifall auf. Das Publikum erhebt sich von den Kirchenbänken, applaudiert im Stehen.